Appell für einen Beitritt Lübecks zur Initiative "Lebenswerte Städte"

Abbildung: www.weareplayground.com - Lizenz: CC-BY-NC-ND 4.0
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Appell für einen Beitritt Lübecks zur Initiative „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten“
2. Mai 2023


Unter dem Titel „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten“ wurde im Jahr 2021 unter Beteiligung des Deutschen Städtetags eine Initiative gestartet, die das Ziel verfolgt, den Kommunen mehr eigenständige Entscheidungsfreiheit bei der Anordnung von Tempolimits zu ermöglichen.

Zum Hintergrund: Derzeit legt der §45 der StVO fest, dass Tempo 30 nur bei konkreten Gefährdungen angeordnet werden kann. Damit verhindert ein Bundesgesetz, dass Kommunen frei, ortsbezogen und eigenständig darüber entscheiden können, wann und wo welche Geschwindigkeiten auf ihren eigenen Straßen zugelassen werden. Dies ist ein deutlicher Eingriff in die kommunale Selbstständigkeit und eine starke Beschneidung der Gestaltungsmöglichkeiten in verkehrstechnischer und somit auch in stadträumlicher Hinsicht für die Kommunen. Dass dies in den Städten und Gemeinden offensichtlich in vielfacher Hinsicht als Missstand wahrgenommen wird, zeigt sich dadurch, dass sich der Initiative bisher bereits über 680 Kommunen angeschlossen haben!

In Lübeck steht nun erneut eine politische Diskussion und Abstimmung über den Beitritt zu dieser Initiative an. Viele Parteien haben sich bereits medial zur Thematik geäußert und ihre jeweiligen Standpunkte klargemacht – mitunter mit thematischen Verkürzungen und bewussten oder unbewussten inhaltlichen Falschdarstellungen.
Obwohl der Deutsche Städtetag mitnichten im Verdacht steht, bestimmte politische Agenden zu verfolgen oder Ideologien zu vertreten und zudem die der Initiative bereits beigetretenen Kommunen politische Mehrheiten jeglicher Couleur aufweisen, scheint dieses Thema in Lübeck die üblichen parteipolitischen und scheinideologischen Abgrenzungsreflexe auszulösen.

Belegt und unbestreitbar ist, dass das Tempo auf den Straßen und Plätzen maßgeblichen Einfluss auf die Qualität des Stadtraums sowie auf die Aufenthaltsqualität für die Menschen hat und das Sicherheitsempfinden jedes Einzelnen wesentlich bestimmt. Das ArchitekturForumLübeck hat es sich zur Aufgabe gemacht, über Städtebau und Architektur in unserer Stadt zu informieren und verfolgt das Ziel, sich mit fachlicher Stimme zu baukulturellen Fragen von öffentlichem Interesse zu Wort zu melden. Mit der Publikation „Lübeck Wohin?“ und Aktionen wie dem „Park(ing)day“ oder dem „Lübecker Brückenschlag“ hat sich das ArchitekturForum immer wieder nachhaltig in die Diskurse zum öffentlichen Raum in Lübeck eingebracht.

Um eine Versachlichung der Diskussion zu ermöglichen, wollen wir daher ein paar Fakten zur fachlichen Einordnung beitragen:


Der §45 der StVO ist ein Relikt aus der Zeit der „Autogerechten Stadt“ und steht einer unstrittig erforderlichen Mobilitätswende unzeitgemäß entgegen. Die Initiative „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten“ hat keinesfalls zum Ziel, in allen Städten auf allen Straßen Tempo 30 einzuführen. Weiterhin geht mit der durch die Initiative angestrebten Änderung des §45 kein kommunaler Handlungszwang einher – es soll den Kommunen lediglich mehr eigener Spielraum bei der Geschwindigkeitsausgestaltung ermöglicht werden.
Somit ist ein Beitritt zur Initiative vor allem ein wichtiges Symbol, um auf Bundesebene für mehr kommunale Eigenständigkeit einzustehen. Kommunen haben mit einem Beitritt zur Initiative nichts zu verlieren, könnten aber Entscheidungsfreiheit gewinnen.

Die vorgenannten Erläuterungen zeigen, wie wichtig der Impuls ist, der von der Initiative auf Bundesebene ausgehen kann. Denn nur durch eine eigenständige Entscheidungshoheit können die Kommunen über die angemessene Ausgestaltung ihrer Straßen und Stadträume selbstständig bestimmen. Das Thema ist auf Lübecker Ebene nicht als Wahlkampfthema geeignet. Lübeck, als Mitglied des Deutschen Städtetages und als Stadt mit überregionalem Gewicht, sollte vielmehr seinen Beitrag leisten und die Initiative unterstützen.

Wir fordern daher die Entscheidungsträger:innen der Lübecker Politik auf, parteiübergreifend und geschlossen für einen Beitritt zur Initiative zu stimmen – für ein lebenswerteres Lübeck.